Klage eines Weidenbaums – 2012

Nun stand ich schon 60, oder waren es 80 Sommer und Winter in Hollenstedt auf einer Wiese am Weg „Überm Stegen“. Ich hatte einen festen Platz im Landschaftsschutzgebiet und war deshalb der Meinung, hier passiert mir nichts, hier darf mir keiner etwas anhaben – denkste!

Am 20 Februar 2012 tauchten plötzlich Männer mit Motorsägen auf und legten mich einfach um. Meine Äste und Zweige wurden geschreddert und auf die Wiese auf einen Haufen geworfen. Mein Holz landete am Weg.

Hier liege ich nun, ist mein Holz etwa morsch ?

Hier liege ich nun, ist mein Holz etwa morsch ?

Warum das Ganze ? Na schön, ich habe mit meinen Wurzeln den Pflasterweg angehoben – das hätte aber auch ausgeglichen werden können -, im Herbst habe ich meine  Blätter fallen lassen und der Wind wehte einige Zweige herunter, beim Sturm brach ein größerer Ast ab und ich hatte etwas Pilz – na und ?
Dagegen habe ich Tieren Nahrung gegeben, z.B. Bienen, Käfern, Läusen und Schmetterlingsraupen und damit vielen Vögeln – das nennt man Nahrungskette.

Hätte man mir etwas geholfen, mich etwa durch Einkürzen der Äste zu einer Kopfweide gemacht, hätte ich noch viele, viele Jahre leben, Schatten spenden und den Tieren Futter und Unterschlupf geben können, Kindern hätte man zeigen können, wie stark eine Weide werden kann, denn ich hatte bereits einen Stammdurchmesser von fast einem Meter!

Dafür waren dies aber meine letzten Worte, das sagt die ehemalige Weide vom Stegen in Hollenstedt.

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